Ständig erreichbar?

In zahlreichen Studien wurde festgestellt, dass eine Entgrenzung der Erreichbarkeit krank macht. Bereits im Frühjahr 2020 betonten sehr viele Teilnehmende unserer Umfrage zum Fernunterricht, dass die Entgrenzung der dienstlichen Angelegenheiten mit der digitalen Kommunikation als eine starke zusätzliche psychische Belastung empfunden wird. Dies betrifft nicht nur Lehrkräfte, die im Homeoffice vor lauter Nachrichten kaum noch zu Pausen kommen, sondern auch Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst, die mit der Etablierung von Schulmessengern auch außerhalb ihrer tariflich begrenzten Arbeitszeit dienstlichen Kommunikationserwartungen ausgesetzt sind.

In unserer PR-Info 7/2021 haben wir genauer zum Stand unserer Bemühungen um eine Begrenzung der Erreichbarkeit informiert.

Unabhängig davon raten wir dringend dazu, die Möglichkeit zur Mitbestimmung der Arbeitsbedingungen in den schulgesetzlichen Gremien vor Ort (Gesamt- und / oder Schulkonferenz) zu nutzen und empfehlen dazu folgenden Musterantrag. Natürlich beraten wir gerne auch einzelne Kolleg*innen und Gesamtkonferenzen zu diesem Anliegen.

Beschlussvorlage zum Tagesordnungspunkt … der Gesamtkonferenz vom … der Schule …

[kursiv in eckigen Klammern: Anmerkungen des Personalrats]

1. Wenn Beschäftigte im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit digitale Kommunikationsmittel nutzen, dann sind sie mittels dieser grundsätzlich zur dienstlichen Erreichbarkeit verpflichtet.

2. Es besteht dabei aber keine Verpflichtung zur Nutzung digitaler Medien nach 17 Uhr [ggf. frühere Grenze vereinbaren; spätere Grenze ist nicht anzuraten], am Wochenende und in der unterrichtsfreien Zeit (Lehrkräfte) bzw. im Urlaub (andere Beschäftigte). [Selbstverständlich gilt dies auch für Feiertage und Krankheitszeiten!]

3. Das Abrufen digitaler Informationen kann von Vollzeitbeschäftigten maximal drei Mal innerhalb der Werktage einer Arbeitswoche erwartet werden [ggf. selteneres Abrufen vereinbaren; häufigeres Abrufen ist nicht anzuraten]. Ausnahme sind digitale Vertretungspläne, deren Kenntnisnahme täglich erwartet werden kann. Für Teilzeitbeschäftigte gilt ein entsprechend selteneres Abrufen als für Vollzeitbeschäftigte.

4. Nachrichten, deren Kenntnisnahme durch Vollzeitbeschäftigte in einer kürzeren Frist als 48 Stunden (ggf. verlängert durch das Wochenende) erwartet wird, sollen auch in einer geeigneten nicht-digitalen Form zur Kenntnis gegeben werden [48 Stunden ggf. durch größere Stundenzahl ersetzen; kleinere Stundenzahl ist nicht anzuraten. Eine Konkretisierung der „nicht-digitalen Form“ ist empfehlenswert.]. Für Teilzeitbeschäftigte gilt eine entsprechend längere Frist als für Vollzeitbeschäftigte.

5. Der Zeitraum ab einer Nachricht, nach dem eine Reaktion erwartet werden kann, beträgt bei Vollzeitbeschäftigten 48 Stunden. [48 Stunden ggf. durch größere Stundenzahl ersetzen; kleinere Stundenzahl ist nicht anzuraten.] Für Teilzeitbeschäftigte gilt ein entsprechend längerer Zeitraum als für Vollzeitbeschäftigte. Der Zeitraum verlängert sich ggf., wenn der Zeitpunkt, an dem eine Reaktion erwartet werden könnte, auf das Wochenende (ab Freitag 17 Uhr [ggf. früher; siehe 2.]) oder auf einen Feiertag fällt.

 

Vorschlag des Personalrats für die Anpassung der Regelungen an Teilzeitbeschäftigte (analog zu den geltenden Regelungen für die Anordnung von Mehrarbeit)

ISS, Gymnasien Förderzentren Grundschulen Häufigkeit Mo – Fr Zeitraum Reaktion (Zum Vgl.: Mehrarbeit)
Vollzeit 26 27 28 3 48 3
Teilzeit 1 18 – 25 18 – 26 19 – 27 2 60 2
Teilzeit 2 9 – 17 9 – 17 10 – 18 2 72 1

 

Rechtsgrundlage

„Die Gesamtkonferenz entscheidet im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften (…) mit einfacher Mehrheit (…) über (…) besondere Formen der Arbeitszeitregelung“. (§ 79 Abs. 3 Nr. 9 SchulG)

„Jede Gesamtkonferenz kann weitere Personen mit beratender Stimme hinzuziehen.“ (§ 82 Abs. 2 SchulG)

Zusammen mit Eltern und Schüler*innen kann auch die Schulkonferenz für diese Thematik genutzt werden, wobei die dazu passende Rechtsgrundlage inhaltlich anders aussieht: „Die Schulkonferenz entscheidet im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder über (…) das Schulprogramm und sich daraus ergebende Grundsätze für die Organisation von Schule und Unterricht“. (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 SchulG)