„Wir möchten Ihnen deutlich unsere Grenzen aufzeigen“

In einem Offenen Brief, den wir im Folgenden dokumentieren, fordert das Kollegium des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums Senatorin Scheeres dringend auf,  die Arbeitsbelastung für Lehrkräfte zu senken.

Sehr geehrte Frau Senatorin Scheeres,

unser Kollegium hat an der Gesundheitsstudie 2017 für den Bezirk Pankow teilgenommen und die Auswertung dieser Studie kurz vor den Ferien erhalten. Zu einem Zeitpunkt, wo die Kräfte der Kollegen weitestgehend aufgebraucht sind, wurde uns verdeutlicht, was wir eigentlich alle wissen.

Die Arbeit in der Berliner Schule unter den gegebenen Bedingungen belastet uns sehr. Trotzdem gehen wir gern zur Arbeit. Lehrkräfte ertragen viel, weil sie zufrieden mit dem Beruf und dem Kollegium sind.
Dieser Widerspruch aus Belastung und Zufriedenheit geht auf Kosten unserer Gesundheit. Er kann nur durch das Handeln des Senats aufgelöst werden. Die Anzahl der Pflichtstunden muss endlich wieder reduziert werden – auch um die Attraktivität des Lehrerberufs zu erhöhen und mehr junge ausgebildete Lehrer auch in Vollzeitstellen zu halten.

Aus unserem pädagogischen Anspruch heraus ist es uns nicht egal, was aus den uns anvertrauten Menschen wird. Wir stehen in einer Art Doppelpflicht. Unsere pädagogische Maxime setzt uns vor allem den eigenen Ansprüchen aus, ohne die von Seiten des Senats gesetzten Bedingungen ausblenden zu können. Die Arbeit an der Schule ist, wie Ihnen bekannt ist, inzwischen viel mehr geworden als nur die Vor-, Nachbereitung und Durchführung von Unterricht. Viele zusätzliche Aufgaben, in der Umfrage als „illegitime Aufgaben“ bezeichnet, rauben uns die Zeit und belasten uns zunehmend. Besonders belastend empfinden die KollegInnen außerdem die zu großen Klassen, lange Wege im Schulbereich (Schulcampus), die regelmäßige Arbeit an den Wochenenden und den Zeitdruck – sowohl bei der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen, als auch bei der Korrektur von Arbeiten. Eine Klausur von 240 min kann man nicht eben mal schnell in 15 Minuten fachlich gut und auf Rechtschreibung hin korrigieren und dann dem Schüler noch wertvolle Hinweise für die Abiturklausur geben. Außerdem kommt es zu Mehrbelastungen durch die Inklusion und die Digitalisierung des Unterrichts, beides ohne dass es ein ernstzunehmendes und ausreichendes Fortbildungsangebot für die Lehrkräfte in den Regionen und in der Stadt gibt.

Sehr geehrte Frau Senatorin, wir bitten Sie: Setzen Sie sich endlich im Interesse der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Lernenden dafür ein, die Anzahl der Pflichtstunden zu verringern und die Klassenfrequenzen zu senken. Gehen Sie pfleglich mit uns um!

Im Interesse der Qualität unserer Arbeit möchten wir Ihnen deutlich unsere Grenzen aufzeigen.

Das Kollegium des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums
Berlin, den 16.10.2017